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Fastenzeit:Meine Schuld - Geschenkte Versöhnung

Regenbogen
Es ist jetzt fast eine Woche her, dass Donald Trump, der scheidende amerikanische Präsident, vor dem weißen Haus eine Rede hielt, die ihm zuhörenden Menschen dazu aufheizte, zum Capitol zu ziehen und es zu stürmen. Seine Worte wurden zur folgenreichen Tat. Zwei Tage später meldete sich Trump erneut zu Wort und wies alle Schuld von sich.
Datum:
5. Feb. 2021
Von:
Nico Jülich

Vielleicht ist uns das heute gar kein so unbekanntes Phänomen. Denn „ich mag vielleicht einen Fehler gemacht haben, aber Schuld ist ja eigentlich der Andere, weil…“, oder ich sage mir: „das war jetzt vielleicht nicht richtig von mir, aber schau mal, was die da oben machen“. An für sich sind das nur Redewendungen und doch drücken sie etwas sehr Wichtiges aus. Unser Schuldgefühl und unser Schuldbewusstsein haben sich verändert. Und vielleicht auch die Antwort auf die Frage, was Schuld überhaupt ist?!

Es gibt verschiedene Kategorien von Schuld und doch besagen sie vor allem eins. Ich habe gegen Regeln verstoßen, deren Einhaltung ich moralisch und rechtlich anerkenne und gutheiße. Im religiösen Kontext bedeutet Schuld (und auch Sünde) das Übertreten der Gesetze Gottes (vor allem die 10 Gebote) und damit einhergehend baue ich eine Distanz zu Gott auf. Und je weiter ich mich in meinem Denken und Handeln von den Geboten Gottes entferne, desto mehr bewege ich mich im Dunkel meines Seins und entferne mich von Gott, der ja Licht ist. Und wie oben schon angedeutet, löst Schuld auch einen Fluchtreflex aus. Denn immer dann, wenn ich meine eigene Schuld nicht anerkenne und bekenne, versuche ich vor ihr, vor mir und somit auch vor der Wahrheit selbst zu fliehen. Und Schuld setzt immer ein dialogisches Geschehen voraus.

Denn schuldig kann ich an Gott und aber auch an meinem Nächsten werden.

Die Fastenzeit dient uns Menschen als eine Vorbereitungszeit auf das Osterfest. In dieser Zeit soll der Mensch sich selbst gegenübergestellt werden. Im Erkennen der eigenen Schuld nimmt die Erlösungstat Jesu, die wir am Karfreitag feiern, erst Kontur an. Denn dann ist dieser Jesus nicht für eine abstrakte Schuld der ganzen Menschheit gestorben, sondern dann ist er für mich und für mein fehlerhaftes Denken, Sprechen und Handeln gestorben.

Die österliche Botschaft ist keine Anklage gegen mich und meine Schuld, sondern sie nimmt diese gerade erst auf und verwandelt sie in die Zuwendung Gottes zu seiner Schöpfung. Ich weiß mich als fehlerhaften Menschen, mit all meinen Schwächen und mit all meinen Verfehlungen geborgen in der zärtlichen Zuwendung Gottes.

In der zweiten Präfation der Fastenzeit lautet es: „Denn jetzt ist die Zeit der Gnade, jetzt sind die Tage des Heiles. Du hilfst uns, das Böse zu überwinden, du schenkst uns von neuem die Reinheit des Herzens“.

So ist die Fastenzeit nicht nur Zeit des eigenen Schuldbekenntnisses und Schuldeingeständnisses, sondern sie ist auch Zeit der Versöhnung. Vielleicht lohnt es sich mit Petrus und Johannes (das Evangelium hören wir am 2. Fastensonntag) auf den Berg Tabor zu steigen, um in der Distanz zum Alltag an Erkenntnis zu gewinnen und uns vielleicht selber ein bisschen unter die Lupe zu nehmen.